Während ich die letzten Tage meines Urlaubs genossen habe, ist mir aufgefallen, dass ich mich wie Bolle freue, dass ich genau dieses „Hallo, Urlauberin!“ an meinem ersten Tag nicht werde hören müssen. Jahrelang wurde mir das nach jeder Abwesenheit vom Büro entgegengeschleudert. Und ich merkte erst jetzt: ich fand das ziemlich uncool. Doch warum eigentlich?
In diesem Artikel erfahrt ihr:
- Was mich an diesen Worten so getriggert hat und was sie bei mir bewirkt haben,
- Warum Achtsamkeit und Kommunikation ganz eng zusammenhängen und,
- Wie die Themen Gewaltlosigkeit und Selbstwert aus yogischer Sicht da mit reinspielen.
Wo liegt bei „Hallo, Urlauberin!“ eigentlich ein Trigger?
Zugegeben, offensichtlich ist es nicht und auch bei mir hat es erst eine Kündigung und die Abwesenheit dieser Phrase gebraucht, um dahinterzukommen. Aber jetzt ist es mir mehr als klar: Ich habe mich durch die Worte beschuldigt gefühlt. Ich habe da einen Vorwurf herausgehört. Der war: Du warst im Urlaub (und das lange) und ich/wie anderen habe(n) hier hart gearbeitet.
Da war keine Wiedersehensfreude oder Interesse an meinen Erlebnissen für mich enthalten, sondern eher ein Neid. Und zwar so ein trauriger Neid, weil der/die Absender*in sich selbst keinen Urlaub gegönnt hat oder gönnen konnte.
Klar, darüber war ich mich im Moment des Hörens nicht bewusst. Aber die Wirkung habe ich schon gespürt: Ich hatte direkt keinen Bock mehr und das Gefühl, dass mir meine wunderbare Reise gerade komplett madig gemacht wurde. So wünscht man sich doch die Rückkehr an den Arbeitsplatz….
Umso mehr habe ich mich dieses Jahr gefreut, dass ich mit dem Wissen zurück an meinen Schreibtisch und auf meine Matte kehre, dass da nur ehrliche Freude über meine Rückkehr ist. Freude, dass ich wieder da bin und den Menschen vor mir, etwas Gutes tun werde. Die Menschen, die mir da gegenübersitzen, scheinen das genau zu wissen, dass die Zeit der Abwesenheit nicht nur toll für mich, sondern im Endeffekt auch für sie ist. Und vor allem: Da ist kein Neid, sondern nur ein Gönnen – und das ist wunderbar.
Was das bewirkt
Es bestärkt mich in meiner Entscheidung für die lange oder kurze Auszeit. Es ist egal, was ich in der Zeit mache, solange ich mich dabei erholen kann. Kein Druck, kein Leistungszwang – einfach sein und das ist super. Und damit bleibt die Erholung noch viel länger.
Warum Achtsamkeit und Kommunikation ganz eng zusammenhängen
Unser Kopf funktioniert schnell. Rasend schnell. Wir hören etwas und erwidern quasi sofort irgendwas, auch, wenn es nur eine kleine Änderung in der Mimik ist. Das löst dann wiederum etwas beim Gegenüber aus. Und kann eine Situation ganz schön schnell versauen.
Es ist schwer, unserem Köpfchen da ein Stop-Schild vorzuhalten oder auch nur die Geschwindigkeit zu drosseln, denn das Hirn ist auf Schnelligkeit getrimmt. Das ist manchmal gut – zum Beispiel, wenn wir zur Seite springen, weil wir ein heranrasendes Auto wahrnehmen und schnell ausweichen können. Manchmal ist das aber auch nicht so gut – zum Beispiel, wenn wir ohne Hinterfragen flapsig etwas erwidern und die andere Person damit vor den Kopf stoßen.
Doch was tun?
Das Zauberwort ist wie so oft: Atmen. Ein tiefer Atemzug reicht meistens schon aus, um unseren Gedanken Einhalt zu gebieten und eine Reaktion nicht unbedacht aus uns herausstolpern zu lassen. Stattdessen haben wir plötzlich eeeeewig Zeit, noch einmal in uns zu fühlen und zu checken, was da wirklich raus will bzw. wie wir das vielleicht auch etwas netter formulieren können.
Diese Momente sind anfangs nicht leicht zu schaffen, aber die guten Nachrichten: Das kann man trainieren. Wenn man immer wieder bewusst durchatmet, bevor man mit einer Person interagiert, dann wird es keine unbewusste Reaktion, sondern ein bewusstes Agieren aufgrund eines vorausgegangenen Momentes (uuuh, hoch philosophisch 😉).
Das Schöne ist
Wir kommunizieren und interagieren dann bewusster und meistens auch liebevoller miteinander und siehe da – das führt (meistens) zu einem viel netteren Miteinander ohne versteckten bzw. unbewussten Groll; wie bei mir durch die Worte „Hallo, Urlauberin!“.
Wie spielen die Themen Gewaltlosigkeit und Selbst aus yogischer Sicht da mit?
In den Basics des Yoga gibt es sogenannte Niyamas und Yamas. Das sind, grob gesagt, Verhaltensvorschläge gegenüber sich selbst (Niyamas) und gegenüber anderen (Yamas).
Unter den Vorschlägen für das Verhalten gegenüber anderen findet sich der wohlklingende Grundsatz: Ahiṃsā.
Ahiṃsā ist die Gewaltloskeit und wird im Yogasutra so beschrieben:
„In der Nähe eines Menschen, der Meisterschaft in Ahiṃsā erlangt hat, wird Feindseligkeit nicht gedeihen.“
Im Umkehrschluss
Wenn wir in unseren Gedanken, Worten und Taten friedlich, liebevoll und mitfühlend sind, dann wirkt sich das positiv auf andere Menschen aus und bringt auch sie dazu, sich so zu verhalten.
Was wäre das für eine schöne Welt, in der wir alle so nett miteinander sind, dass niemand mehr etwas befürchten muss. Jede*r könnte nach seinen Bedürfnissen leben und bräuchte auch kein schlechtes Gewissen bei einer Runde Müßiggang.
Für eine Rückkehr nach dem Urlaub würde das bedeuten: Weg von einem halb-vorwurfsvollen „Hallo, Urlauberin!“ – hin zu einem „Hey, schön, dass Du wieder da bist!“. Lächeln. Ende. 😊
Und bis diese wunderbare Welt entsteht: Selbstwert pflegen!
Warum das? Easypeasy: Wenn uns andere mit mehr oder weniger versteckten Vorwürfen entgegentreten und uns dadurch, wie in meinem Fall, die Erlebnisse zerreden, die wir uns gegönnt haben, brauchen wir ein dickes Fell.
Dazu habe ich rein zufällig gestern ein paar kluge Zeilen gelesen. Der Zusammenhang war, dass wir eine extrem leistungsorientierte Gesellschaft sind und auch unsere Freizeit eher an Leistungen messen, anstatt an wirklichem zufriedenem Dasein. Die Zeilen stammen aus dem Buch „Die Freiheit, allein zu sein“ von Sarah Diehl:
„Man hat das Leben verstanden, wenn man ein zufriedenes Leben höher schätzt als ein erfolgreiches. Denn ein erfolgreiches Leben wird an de Maßstäben anderer bemessen, während ein zufriedenes nur von einem selbst bemessen wird, so zumindest die Überzeugung des jetzigen Dalai-Lama. Auf der Suche nach Bestätigung entfremdet man sich immer weiter von sich selbst. Es braucht innere Stabilität, um Ziellosigkeit und Nichtzugehörigkeit als Potenzial sehen zu können. Das hat das Alleinsein mit der Faulheit gemeinsam. Es ist das Nichts, das man selbst füllen kann. Muße und Einsamkeit bedeuten Möglichkeiten.“
Vorallem das: Innere Stabilität.
Wenn wir bei uns sind und uns dem, was wir tun sicher sind, dann prallt ein „Hallo, Urlauberin!“ an uns ab und wir freuen uns weiter über die coolen Wochen, die hinter uns liegen. Noch dazu können wir mitfühlend auf die Kolleg*innen blicken, die den Satz raushauen, weil wir wissen: das ist genau das, was ihnen fehlt – neben den drei Wochen Urlaub, die sie nicht hatten.
Und um das noch mal easy runterzubrechen: Starke Mitte, starker Rücken, starker Stand = starkes Mindset. Wir kommen also um ein bisschen Bauch-Beine-Po nicht rum, damit Körper und Kopf lernen, stark für uns ein-zu-stehen.
Wenn Du davon mehr im Leben brauchst, melde Dich gerne bei mir.
Und jetzt: Gönn‘ Dir ganz schamlos was, wenn Dir danach ist. <3